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News-Archiv

3. Quartal 2020

1. Rückforderung vertragsärztlichen Honorars bei falscher Abrechnung

Im vorliegenden Fall hatte ein Vertragsarzt einen angestellten erkrankten Arzt durch interne Ärzte vertreten lassen. Bei der Abrechnung der erbrachten Leistungen nutzte er die Arztnummer des erkrankten Arztes. Dies ist so nicht gestattet. Er hätte vielmehr die Nummer der jeweiligen Vertretungsärzte verwenden müssen. Auf Grund dieser falschen Abrechnung muss der Vertragsarzt das ihm ausgezahlte Honorar erstatten.

Um sich vor solchen nachträglichen Erstattungen zu schützen sollte man folgendermaßen vorgehen:

  1. Erkrankung anzeigen,
  2. Vertreter bezeichnen,
  3. Genehmigung des Vertreters durch KV abwarten,
  4. Leistungen des vertretenden Arztes unter dessen LANR (Arztnummer) abrechnen.

(VerwG Düsseldorf 14.1.20, 10 K 15016/16, Nachricht vom 6.3.20)

2. Pfändung der Corona – Soforthilfe zulässig?

Im vorliegenden Fall hatte ein Unternehmer geklagt, der nicht auf die ihm gewährte Corona- Soforthilfe zugreifen konnte. Sein Bankkonto wurde vom Finanzamt unter eine Pfändungs- und Einziehungsverfügung gestellt. Aus diesem Grund verweigerte die Bank ihm die Auszahlung des Geldes. Das Finanzgericht Münster hat entschieden, dass die Pfändung von der Corona- Soforthilfe unzulässig ist. Das Finanzamt muss in diesen Situationen das Konto freigeben.

Begründet hat das Finanzgericht sein Urteil damit, dass diese Hilfe lediglich zur Milderung der finanziellen Notlage, begründet durch die Covid-19- Pandemie, erfolgt. Diese Hilfe dient nicht zur Befriedigung von Gläubigeransprüchen die vor dem 01.03.2020 entstanden sind.

(FG Münster 13.5.20, 1 V 1286/20 AO; Nachricht vom 21.5.20)

3. 1% Regelung: Verschiebung der Beweislast?

Jüngere Entscheidungen verschiedener Finanzgerichte lassen darauf hoffen, dass sich die Beweislast bei der 1% Regelung (Privatnutzung Betriebsfahrzeug) ein kleinwenig verschiebt. Eine bloße Behauptung des Finanzamtes bzgl. der Privatnutzung eines Fahrzeugs reicht hiernach zumindest dann nicht mehr aus, wenn sich auch Fahrzeuge im Privatvermögen befinden. Wichtig ist, dass die jeweiligen Fahrzeuge im Status und Gebrauchswert vergleichbar sind.

In diesen Fällen muss das Finanzamt Gründe vortragen die auf eine Privatnutzung des Betriebsfahrzeuges hinweisen lassen. Bei diesen Fällen handelt es sich im Moment noch um Einzelfallentscheidungen und es gibt weiterhin Finanzgerichte die strenger entscheiden. Jedoch wurde der Anscheinsbeweis, auf den sich die Finanzämter berufen, durch diese Entscheidungen ein wenig entkräftet.

(Nachricht vom 25.6.20)

4. Seminar zur Bildung der Persönlichkeit- absetzbare Betriebsausgabe?

Solche Kurse können dann eine absetzbare Betriebsausgabe darstellen, wenn sie der beruflichen Weiterbildung dienen und somit beruflich veranlasst sind. Beruflich veranlasst sind solche Seminare, wenn sie primär auf die spezifischen Bedürfnisse des vom Steuerpflichtigen ausgeübten Berufs ausgerichtet sind. Zu beachten sind hierbei insbesondere die Lehrinhalte und ihre konkrete Anwendung in der beruflichen Tätigkeit, der Ablauf des Lehrgangs sowie die teilnehmenden Personen. Diese müssen nicht der gleichen Berufsgruppe angehören, aber in ihren jeweiligen Berufsgruppen Führungspositionen innehaben.

(FG Thüringen 13.11.19, 3 K 106/19; Nachricht vom 3.7.20)

5. Nachzahlung der Schenkungsteuer wegen Corona-Krise?

Wer seinen Betrieb auf seine Tochter oder seinen Sohn überträgt macht oft von der Steuervergünstigung gemäß § 13a ErbStG gebrauch. Zu beachten ist bei diesem Paragrafen die Lohnsummenregelung bzw. Lohnsummenklausel. Dieser besagt, dass zur Erhaltung der Steuerbegünstigung bestimmte Lohnsummen innerhalb einer bestimmten Frist beachtet werden müssen. Auf Grund der Corona Pandemie und der damit verbundenen finanziellen Einbußen, kam es oft zu Personalkündigungen oder Lohnkürzungen. Genau diese Punkte könnten nun dazu führen, dass die Einhaltung der Lohnsummenregelung erschwert wird. Dieser Aspekt kann zu hohen Nachforderungen der Schenkungsteuer führen.

Eine genaue Entscheidung bezüglich dieser Situation liegt noch nicht vor. Es kann sein, dass einem eventuell „unverschuldet“ entstehende Steuernachforderungen erlassen werden. Die Betroffenen sollten frühzeitig das Gespräch mit dem Finanzamt suchen und notfalls einen Antrag auf Erlass einer Billigkeitsregelung stellen.

(Lohnsummenregelung oder Lohnsummenklausel, §§ 13a Abs. 3 bzw. 13a Abs. 10 ErbStG; Nachricht vom 26.5.20)

2. Quartal 2020

1. Rückzahlung von übernommenen Studienkosten

Bei einer vorzeitigen Entlassung aus dem Dienstverhältnis hat der Bund das Recht eine Erstattung der gezahlten Studienkosten zu verlangen. Im vorliegenden Fall hatte ein Armeearzt den Kriegsdienst verweigert und wurde vorzeitig aus der Bundeswehr entlassen. Sein Studium wie auch seine Weiterbildung zum Facharzt wurde durch die Bundeswehr finanziert. Das BVerwG hat bestätigt, dass der Bund das Recht hat, das Geld zurück zu fordern. Jedoch müssen die Dienstzeiten in denen der Offizier dem Bund zu Verfügung stand berücksichtigt werden. Dies führt zu einer Reduzierung der Rückzahlungsverpflichtung. Die zurückgezahlten Aus- bzw. Fortbildungskosten können in der Einkommensteuerklärung als Werbungskosten abgesetzt werden. Sie stehen im Zusammenhang mit dem Beruf und werden auf Grund der Rückzahlung nachträglich vom Offizier selbst getragen.

(VerwG Düsseldorf 14.1.20, 10 K 15016/16, Nachricht vom 6.3.20)

2. Ist ein Vertretungsarzt im MVZ sozialversicherungspflichtig?

Das LSG Berlin hat bei einem Fall entschieden, dass ein Vertretungsarzt in einem MVZ sozialversicherungspflichtig tätig wird. Bei der Prüfung nach § 7 SGB IV und der Gesamtabwägung für bzw. gegen eine Beschäftigung, ist das Gericht zum Schluss gekommen, dass ein Vertretungsarzt unter bestimmten Umständen weisungsgebunden arbeitet und somit in einem Beschäftigungsverhältnis zum MVZ steht. Ein wichtiger Aspekt ist das Unternehmerrisiko wie aber auch die freie Zeiteinteilung und die freie Wahl der Patienten. All das lag im vorliegenden Fall nicht vor, sodass man von einem sozialversicherungspflichtigen Angestelltenverhältnis ausgehen muss.

(LSG Berlin-Brandenburg 7.2.20, L 9 BA 92/18, Nachricht vom 8.5.20)

3. Gesundheitsberatung per Telefonhotline – Umsatzsteuerpflichtig?

Der EuGH hat entschieden das Beratungsleistungen von Gesundheitshotlines unter die Mehrwertsteuerbefreiung fallen können. Hierbei handelt es sich um die telefonische Beratung von Patienten seitens der Krankenkassen. Diese Aussage steht auch im Einklang mit dem Zweck der Mehrwertsteuersystemrichtlinie. Dieser verfolgt die Senkung der Behandlungskosten, um diese somit für den Einzelnen erschwinglicher zu gestalten. Der EuGH lässt dem deutschen BFH jedoch einen gewissen Spielraum. Er muss entscheiden inwiefern die telefonische Beratung unter den Begriff „Heilbehandlung im Bereich der Humanmedizin“ gemäß Art. 132 Abs. 1 c MwStSyst RL fällt. Erst wenn die Tatbestände vorliegen kann man von einer steuerbefreiten telefonischen Gesundheitsberatung ausgehen.

(BFH 18.9.28, XI R 19/15; Nachricht vom 30.3.20)

1. Quartal 2020

1. Ist die Tätigkeit eines Palliativmediziners in einem Netzwerk zur Versorgung von Palliativpatienten selbständig?

Laut sozialversicherungsrechtlichem Statusverfahren soll diese Tätigkeit als abhängige Beschäftigung ausgeübt werden. Dies würde bedeuten, dass für den betroffenen Arzt Versicherungspflicht in der gesetzlichen Rentenversicherung und nach dem Recht der Arbeitsförderung besteht. Dieser Annahme hat das LSG München entgegengewirkt. Mit Urteil vom 11.4.2019 hat es entschieden, das solche Tätigkeiten als abhängige Beschäftigung wie auch im Rahmen einer selbständigen Tätigkeit ausgeübt werden können. Entscheidend ist hierbei das Vertragsverhältnis und die getroffenen Vereinbarungen der Beteiligten im Kooperations-Honorarvertrag.

Die Einzelfallentscheidung hat zur Folge, dass nicht immer von einer abhängigen Beschäftigung ausgegangen werden kann und somit auch keine automatische Versicherungspflicht besteht.

(LSG München 11.4.19, L 7 R 5050/17, Urteil, Nachricht vom 6.12.19).

2. Veräußerung einer geerbten Praxis: Wie ist der Gewinn steuerlich zu betrachten?

Das Finanzgericht Münster hat entschieden, dass ein Erbe durch die Veräußerung einer geerbten Praxis einen steuerpflichtigen Veräußerungsgewinn erzielt. Zur Begründung der Entscheidung legt das FG zu Grunde, dass zwischen Nachlassverbindlichkeiten und Eigenschulden des Erben zu unterscheiden ist. Vorliegend hat der Erbe eine Praxis geerbt und diese auf Grund einer fehlenden Approbation verkauft. Durch dieses Vorgehen hat der Erbe selber am Rechtsverkehr teilgenommen und einen Veräußerungsgewinn erzielt. Eine Beschränkung der entstehenden Steuerschulden auf den Nachlass ist durch diese Vorgehensweise nicht möglich.

(FG Münster, 24.9.19, 12 K 2262/16, Nachricht vom 25.11.2019)

3. Gewerbliche oder freiberufliche Einkünfte: was liegt beim Betrieb therapeutischer Einrichtungen vor?

Nach einem Urteil vom FG Köln, kann der Betriebsinhaber einer therapeutischen Einrichtung Einkünfte aus einer freiberuflichen Tätigkeit gemäß § 18 EStG erzielen. Hierfür muss er einer erzieherischen Tätigkeit gemäß § 18 Abs.1 S.2 EStG nachgehen. Darunter ist die planmäßige Tätigkeit zur körperlichen, geistigen und charakterlichen Formung junger Menschen zu verstehen. Er muss also nachhaltig und aktiv an der Erziehung beteiligt sein. Eine lediglich organisatorische Sicherstellung des Erziehungskonzeptes ist laut dem FG Köln nicht ausreichend. In diesem Fall würden gemäß § 15 EStG Einkünfte aus Gewerbebetrieb vorliegen.

(FG Köln 23.5.19, 1 K 1430/16; Nachricht vom 30.12.19)

4. Ärztekammerbeitrag für als Berufsschullehrer tätige Mediziner

Das VG Karlsruhe hat mit Urteil vom 17.07.2017 entschieden, dass Ärzte die ausschließlich eine nichtärztliche Tätigkeit ausüben, dennoch den Ärztekammerbeitrag leisten müssen. Vorliegend handelt es sich um einen Arzt der nur noch als Berufschullehrer tätig ist. Unterrichtet werden an der Schule unter anderem Auszubildende verschiedener Gesundheitsberufe. Die Zulassung als Arzt ist keine Voraussetzung für die Ausübung des Berufes. Der Kläger erfüllt die Voraussetzungen für die Kammerzugehörigkeit und ist somit Beitragsverpflichtet. Sein Beitrag wird an der Höhe seiner Einkünfte bemessen. Dabei werden nicht nur Einkünfte aus der rein ärztlichen Tätigkeit berücksichtig, sondern auch Einkünfte bei denen die medizinischen Fachkenntnisse angewandt werden. Genau dies ist bei der Ausübung des Berufs als Berufschullehrer an einer Berufsschule für Gesundheit der Fall. Es ist jedoch ein geminderter Beitrag zu leisten, da die Angebote der Ärztekammer nicht in vollem Umfang genutzt werden.

(VG Karlsruhe, 18.7.17, 1 K 1280/15, Nachricht vom 23.12.19)

5. Ist ein Notarzt im Rettungsdienst Sozialversicherungspflichtig?

Das SG Dortmund ist zu dem Beschluss gekommen, dass ein Notarzt im Rettungsdienst einer abhängigen Beschäftigung und auf Grund dessen einer sozialversicherungspflichtigen Tätigkeit nachgeht. Indizien für die Abhängigkeit sind zum einen die Eingliederung in die Strukturen und Abläufe der Rettungsdienste sowie der fehlende Entscheidungs- und Gestaltungsspielraum. Auch das fehlende Unternehmerrisiko spricht für eine abhängige Tätigkeit.

(SG Dortmund 17.9.19, S 34 BA 58/18, Urteil; Nachricht vom 3.2.20)

6. Aberkennung der ärztlichen Approbation wegen Unwürdigkeit

Mit Beschluss vom 31.07.2019 hat das BVerwG entschieden, das die ärztliche Approbation wegen Unwürdigkeit gem. § 5 Abs.1 i.V.m. § 3 Abs.1 Nr.2 BÄO widerrufen werden kann. Maßgeblich für den Widerruf ist, dass zum Zeitpunkt des Beschlusses eine Gefahrenabwehr für das Verhältnis zwischen Arzt und Patient weiterhin erforderlich ist.

(BVerwG 31.7.19, 3 B 7.18, Beschluss; Nachricht vom 21.1.20)

3. Quartal 2019

Abgabe Zytostatika Zweckbetrieb zurechenbar?

Der BFH hat mit Urteil vom 06.06.2019 entschieden, dass die Abgabe von Zytostatika an ambulant oder stationär behandelte Patienten dem Zweckbetrieb Krankenhaus zugerechnet werden darf, sobald diese von der Krankenhausapotheke erfolgte. Dabei ist nicht entscheidend, ob der Arzt seine Tätigkeit als Dienstaufgabe oder als Nebentätigkeit erbringt, sondern dass die Abgabe der Zytostatika im Rahmen einer nach §116 SGB V sozialversicherungsrechtlich zulässigen Behandlung erfolgt. Die Einordnung in den Zweckbetrieb Krankenhaus hat zur Folge, dass die Abgabe der Zytostatika und die dadurch erzielten Einnahmen von der Körperschaftsteuer (§ 65 ff. AO) befreit werden. (BFH 06.06.2019, V R 39/17; Nachricht vom 05.08.2019)

Sind Aufwandsentschädigungen aus der Landeskasse steuerfrei?

Das Finanzgericht Baden-Württemberg hat mit Urteil vom 06.03.2019 entschieden, dass Aufwandsentschädigungen für ehrenamtliche Betreuer/innen steuerfrei sein können. Der Freibetrag richtet sich hier nach § 3 Nr. 26 b EStG und liegt bei 2.400 €. Übersteigt die Vergütung den Freibetrag, so ist er steuerpflichtig. Der Gesetzgeber schuf mit dem § 3 Nr. 26 b EStG eine neue Steuerbefreiungsvorschrift für ehrenamtliche Betreuer/innen. Die Norm ist seit 2011 anzuwenden und hat als Spezialvorschrift Vorrang gegenüber dem § 3 Nr. 12 EStG. Es wird dabei nicht unterschieden wer die Entschädigungsleistung entrichtet. Sie kann vom Betreuten selbst wie aber auch von einer Landeskasse erfolgen. Gegen das Urteil wurde Revision eingelegt, die Entscheidung ist somit noch nicht rechtskräftig. (FG Baden-Württemberg 06.03.2019, 2 K 317/17; Nachricht vom 22.07.2019)

Stipendium: steuerfreie oder –pflichtige Einnahme?

Vorliegend geht es um das „Thüringer –Stipendium“, bei dem sich der Stipendiat dazu verpflichtet, sich für eine bestimmte Zeit in einer bestimmten Region niederzulassen um dort der vertragsärztlichen Versorgung zur Verfügung zu stehen. Fraglich ist wie das Stipendium Einkommensteuerrechtlich zu behandeln ist. Sowohl das Finanzamt als auch das Finanzgericht stufen diese Einnahmen als sonstige Einkünfte gemäß § 22 Nr. 3 EStG ein. Eine Steuerfreiheit nach § 3 Nr. 44 EStG liege nicht vor. Die Einnahmen sind somit steuerpflichtig. (FG Thüringen 14.3.18, 3 K 737/17, Rev. BFH IX R 33/18).

Wettbewerbswidrige Empfehlungen von Ärzten

Ärzte dürfen, ohne einen hinreichenden Grund, keine Empfehlungen bzgl. Personen oder Unternehmen aussprechen, die gesundheitliche Leistungen erbringen. Zu diesem Entschluss kam das LG Köln, nachdem ein Sanitätshaus einen Arzt auf Unterlassung gemäß § 3, 3a, 8 UWG verklagt hatte. Das LG hat zudem darauf hingewiesen, das die Ärzte auch dafür Sorge zu tragen haben, dass die Arzthelferinnen ebenfalls keine Empfehlungen aussprechen. (LG Köln 30.4.19, 81 O 144/18)

Jameda: Besteht eine Pflicht zur Wiederveröffentlichung von gelöschten Bewertungen?

Das LG München hat entschieden, dass eine allgemeine Pflicht zur Wiederveröffentlichung von positiven Bewertungen, nicht besteht. Vielmehr muss der Arzt beweisen, dass er durch die Löschung der positiven Bewertungen in seinen Rechten verletzt worden ist. Zudem muss er die Glaubwürdigkeit der Bewertungen beweisen. Erst wenn diese Kriterien erfüllt sind hat der Arzt einen Anspruch auf die Wiederveröffentlichung seiner positiven Bewertungen, auf den jeweiligen Internetportalen. (LG München I 16.4.19, 33 O 6880/19)

Unlauterer Wettbewerb: Vorsicht beim Begriff Praxisklinik

Nach § 115 SGB V ist eine Praxisklinik eine Einrichtung in der Patienten auch stationär behandelt werden können. Die zentrale zur Bekämpfung unlauteren Wettbewerbs hat es daher verbieten lassen den Begriff Praxisklinik zu verwenden, wenn keine Möglichkeiten zur Übernachtung gegeben sind. Sie sieht darin eine Irreführung des Verbrauchers gemäß § 5 Abs.1 S.2 Nr.1 UWG und einen Verstoß gegen den Wortlaut des § 115 SGB V. (OLG Hamm 27.2.18, 4 U 161/17, Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision zurückgewiesen, BGB 17.10.18, I ZR 58/18, Nachricht vom 27.9.19).

2. Quartal 2019

Honorarpflegekräfte sind nicht selbstständig und somit sozialversicherungspflichtig

Eine Honorarpflegekraft, die in einem Pflegeheim arbeitet ist weisungsgebunden und hat somit keinerlei unternehmerische Freiheiten, die für das Vorliegen einer Selbständigkeit notwendig sind. Sie sind vielmehr in die Organisations- und Weisungsstruktur der Pflegeeinrichtungen eingegliedert. Auf Grund dessen vertritt das BSG den Standpunkt, dass eine Selbstständigkeit von Honorarpflegekräften nur ausnahmsweise angenommen werden kann. Dies wiederum führt dazu, dass die Pflegekräfte als im Pflegeheim beschäftigte anzusehen sind und somit sozialversicherungspflichtig sind. (BSG 7.6.19, B 12 R 6/18, Nachricht vom 7.6.19)

Sind Honorarärzte ebenfalls sozialversicherungspflichtig?

Das BSG vertritt bei der Behandlung der Honorarärzte, die in einem Krankenhaus tätig sind, die gleiche Ansicht wie bei den Honorarpflegekräften. Es geht davon aus, dass die Ärzte kaum unternehmerische Freiheiten haben und weisungsgebunden sind , da sie sich an vorgegebene Strukturen und Arbeitsabläufe halten müssen. Diese Komponenten führen dazu, dass auch Honorarärzte die in einem Krankenhaus tätig sind, der Sozialversicherungspflicht unterliegen. (BSG 4.6.19, B 12 R 11/18 R, Nachricht vom 7.6.19)

Wen treffen die Folgen ausbleibender Investitionen nach § 7 g Abs. 3 EStG?

Das FG Düsseldorf hat entschieden, dass bei einer unentgeltlichen Betriebsübertragung die Folgen einer ausgebliebenen Investition den früheren Betriebsinhaber treffen, auch wenn der Nachfolger für diesen Zustand verantwortlich ist. Demnach ist die rückwirkende Korrektur nach § 7 g Abs.3 EStG beim Rechtsvorgänger vorzunehmen. Dies führt dazu, dass der vorher geltend gemachte Abzug des IAB, beim Vorgänger wieder ruckgängig gemacht werden muss. (FG Düsseldorf 8.5.19, 15 K 1457/18 F; Revision zugelassen; Nachricht vom 7.6.19)

Entzug der Approbation auf Grund von Steuerhinterziehung?

Ein Apotheker hatte gegen den Widerruf seiner Approbation erfolgreich eine Klage eingereicht. Das Gericht hat entschieden, dass der Widerruf der Approbation erst als äußerste Maßnahme bei einer Straftat erfolgen darf. Solange keine Gefährdung von Patientin/Kunden vorliegt und auch eine Schädigung des Gesundheitssystems nicht gegeben ist, reicht auch die Entziehung der Apothekenbetriebserlaubnis, um deutlich zu machen, dass ein Fehlverhalten nicht folgenlos bleibt. (VG Aachen 10.1.19, 5 K 4827/17)

Praxisnachfolger: Nach welchen Kriterien erfolgt die Auswahl:

Die Auswahl des Praxisnachfolgers erfolgt nach pflichtgemäßem Ermessen und richtet sich nach dem § 103 (4) S.4 ff sowie (5) S.3 SGB V. Es sind die vorbestimmten Auswahlkriterien, wie auch die Eintragung in der Warteliste zu berücksichtigen. (LSG Nordrhein-Westfalen 19.9.18., L 11 KA 86/16)

Nachholbarkeit von Sonderbetriebsausgaben

Mit Urteil vom 17.6.19 hat der BFH entschieden, dass eine erfolgswirksame Nachholung unterlassener Einlagen über den formellen Bilanzenzusammenhang nicht möglich ist. Im vorliegenden Fall wurden Sonderbetriebsausgaben aus privaten Mitteln bestritten. Es wurde jedoch vergessen diese im Jahr der Entstehung als Aufwand zu berücksichtigen. Eine Nachträgliche Berücksichtigung entspricht nicht dem Grundsatz des formellen Bilanzenzusammenhangs. Dieser ermöglicht nur eine Berichtigung von fehlerhaften Bilanzansätzen aus der Vergangenheit im ersten offenen Veranlagungsraum. Das Fehlen der Sonderbetriebsausgabe führte im vorliegenden Fall jedoch nicht zu einem fehlerhaften Bilanzposten. Eine erfolgswirksame Nachholung kommt somit nach Auffassung des BFH nicht in Betracht. (BFH 17.6.19, IV R 19/16)

4. Quartal 2018

Aktuelle Ausgabe des DGSFG-Magazins

Die vierte Ausgabe der Kanzleizeitschrit der DGSFG beinhaltet wichtige Änderungen und Informationen aus den Bereichen Steuern, Recht und Wirtschaft sowie Neuigkeiten aus dem Kanzleialltag.

Hier finden Sie das Dokument im PDF-Format

Psychologische Beraterin: Wie sind die Umsätze steuerrechtlich zu beurteilen?

Eine psychologische Beraterin, kann steuerfreie Umsätze erzielen. Der BFH hat entschieden, dass dies möglich ist, wenn sie als Beraterin von einem Sozialhilfeträger vergütet wird. Die unmittelbare Vergütung ist für die Steuerbefreiung unschädlich. Wichtige Kriterien sind einerseits die Einstufung als Einrichtung mit sozialem Charakter und andererseits, dass mindestens 40% ihrer erbrachten Leistungen von einem Träger der Sozialhilfe vergütet werden. (BFH 13.6.18, XI R 20/16)

3. Quartal 2018

Gemeinschaftspraxis

Steuerfalle für die verbliebenen Gesellschafter beim Tod eines Mitgesellschafters in vielen Gesellschaftsverträgen von Gemeinschaftspraxen ist geregelt, dass der Gesellschaftsanteil beim Tod eines Gesellschafters von den Erben an die verbleibenden Gesellschafter entgeltlich übertragen werden muss. Anschließend veräußern die verbleibenden Gesellschafter häufig den erworbenen Anteil an einen neuen Kollegen. Bei solchen Gestaltungen – die in der Vertragspraxis wohl als Regelfall anzunehmen sind – ergeben sich für die verbleibenden Gesellschafter ertragsteuerlich sehr unerfreuliche Situationen. Aus diesem Grunde ist dringend erforderlich, an dieser Stelle gestaltend einzugreifen.

Einkommensteuer

Übergang des wirtschaftlichen Eigentums an einem Mitunternehmeranteil maßgebend für den Veräußerungszeitpunkt
Der Veräußerungszeitpunkt für einen Mitunternehmeranteil wird nach dem Übergang des wirtschaftlichen Eigentums bemessen. Der Zeitpunkt der zivilrechtlichen Übertragung ist bedeutungslos (BFH 1.3.18, IV R 15/15).

Scheinselbstständigkeit – Keine selbstständige Honorartätigkeit von Pflegekräften im Krankenhaus – auch nicht bei genereller Personalunterdeckung:

Das LSG sieht die Voraussetzungen einer abhängigen, sozialversicherungspflichtigen Beschäftigung als gegeben an. Ausschlaggebend hierfür ist die vollständige Eingliederung des Klägers in die organisatorischen Abläufe der neurologischen Stationen. Es knüpft damit an seine Rechtsprechung zu den Intensivpflegern an (LSG Nordrhein-Westfalen 26.11.14, L 8 R 573/12). Auch wenn es der Gesamtwürdigung jedes Einzelfalles bedarf, bleibt tendenziell die Möglichkeit selbstständiger Tätigkeit im stationären Pflegebereich beschränkt (LSG Nordrhein-Westfalen 14.3.18, L 8 R 1052/14)

Berufsrecht/-politik – 121. Deutscher Ärztetag lockert das Fernbehandlungsverbot:

Vom 8. bis zum 11.5.18 fand in Erfurt der 121. Deutsche Ärztetag (DÄT) statt. Neben einer Vielzahl gesundheitspolitischer Themen war Gegenstand der Beratungen insbesondere die überfällige Reform der (Muster-)Weiterbildungsordnung sowie eine weitreichende Modifizierung des bisher in der (Muster-)Berufsordnung geregelten Verbots der ausschließlichen Fernbehandlung. Der Beitrag fasst wesentliche Ergebnisse des DÄT zusammen. Das 417 Seiten starke Beschlussprotokoll kann im Internet abgerufen werden oder sprechen Sie uns an.

2. Quartal 2018

Beim Konkurrenzschutz im Mietvertrag kommt es auf den Nutzungszweck an

Wer als Mieter beruflich genutzter Praxis- oder Büroräume unerwünschte Konkurrenz im selben Gebäude fürchtet, vereinbart mit seinem Vermieter Konkurrenzschutz. Der Vermieter verpflichtet sich, innerhalb des Gebäudes, in dem sich die Mieträume befinden sowie in gewisser Entfernung hiervon, Räumlichkeiten nicht an Wettbewerber zu vermieten oder zu verkaufen. Soll die Klausel wirklich Schutz bieten, kommt es auf die exakte Formulierung an (KG Berlin 2.9.13, 12 U 101/12).

Rabatte von Pharmaunternehmen an private Krankenversicherungen sind Entgeltminderungen

Rabatte von Pharmaunternehmens, die an private Krankenversicherungen (PKV) geleistet werden, führen trotz fehlender Lieferkette zu Entgeltminderungen, wodurch eine Gleichstellung mit den gesetzlichen Krankenversicherungen (GKV) erreicht wird (BFH 21.3.18, V R 42/15).

Vorsicht bei Laborgemeinschaften

In der Praxis werden Beteiligungen an Laborgemeinschaften häufig relativ sorglos eingegangen, ohne dass den Beteiligten die nachfolgenden Risiken bekannt sind. Für Laborgemeinschaften werden häufig zudem nur sehr schlanke Gesellschaftsverträge geschlossen, die für die Beteiligten gefährliche – regelmäßig nicht erkannte – Risiken enthalten. Grundlage der nachfolgenden Hinweise sind die Ausführungen des BMF (12.2.09, IV C 6 – S 2246/08/10001 , BStBl I 09, 398) zur ertragsteuerlichen Beurteilung von ärztlichen Laborleistungen.

1. Quartal 2018

Der Arzt muss anonymisierte Patientenakten vorlegen, um nachzuweisen, dass ein Eingriff keine Schönheits-Op ist

Schönheitsoperationen können – ausnahmsweise – Heilbehandlungen und damit umsatzsteuerbefreit sein; die Feststellungslast trifft allerdings den Arzt.

Um dem Gericht die Nachprüfung zu ermöglichen, muss der Arzt mindestens anonymisierte Patientenakten vorlegen, in denen sämtliche aus fachlicher Sicht für die derzeitige und künftige Behandlung wesentlichen Maßnahmen und deren Ergebnisse aufgezeichnet und Anamnese, Diagnosen, Untersuchungen, Untersuchungsergebnisse, Befunde, Therapien und ihre Wirkungen, Eingriffe und ihre Wirkungen, Einwilligungen und Aufklärungen dargestellt sind (FG Berlin-Brandenburg, 5.12.17, 5 K 5266/15).

Die Abfärbetheorie bei Heilberuflern

Betreibt ein niedergelassener Arzt eine Einzelpraxis, kann durch die eindeutige Trennung der gewerblichen von der ärztlichen Tätigkeit (organisatorisch und in der Buchführung) auch eine steuerliche Trennung erreicht werden. Sind hingegen mehrere Ärzte in einer Gemeinschaftspraxis tätig, kann es zur Abfärbung der gewerblichen Tätigkeit kommen (Abfärbe- oder Infektionstheorie). Die gesamten freiberuflichen Einkünfte werden dann in gewerbliche umqualifiziert. Diese Gefahr droht aus mehreren Richtungen. Lassen Sie sich durch uns beraten.

Schriftformheilungsklauseln können Formverstöße nicht retten!

Mietverträge mit einer Festlaufzeit von mehr als einem Jahr bedürfen der Schriftform (§ 550 BGB). Sind die Voraussetzungen der Schriftform nicht erfüllt, bleibt der Vertrag wirksam, ist aber mit ordentlicher Frist kündbar. Schriftformheilungsklauseln sollen hier Abhilfe schaffen; jedoch hat der BFH geurteilt, dass sie mit § 550 BGB unvereinbar und daher unwirksam sind (BGH 27.9.17, XII ZR 114/16). In der Folge sind viele Praxismietverträge ab sofort mit sechs- bis neun-monatiger Frist kündbar, was sich für Ärzte existenzbedrohlich auswirken kann.

Zahnärztliches Investitionsverhalten bei der Existenzgründung 2016

Die aktuelle IDZ-Information von Anfang November zu „Investitionen bei der zahnärztlichen Existenzgründung“ für das Jahr 2016 bestätigt im Wesentlichen die Trends der letzten Jahre: So bleibt die Übernahme einer Einzelpraxis mit 63 Prozent die häufigste Form der Existenzgründung, und auch bei den Finanzierungsvolumina gibt es – mit Ausnahme des Einstiegs in eine Berufsausübungsgemeinschaft (siehe unten) – keine auffälligen Schwankungen. Interessantes gibt es aber bei den Z-MVZ zu vermelden. Lassen Sie sich bei einem Investitionsvorhaben gut beraten.

Notärztliche Betreuungsleistungen auf Veranstaltungen

Die Anwesenheit eines Arztes bei einer Veranstaltung, die diesem vom Veranstalter pauschal stundenweise vergütet wird, ist nach Auffassung des FG Köln nicht gemäß § 4 Nr. 14 Buchst. a UStG umsatzsteuerfrei, da es sich bei solchen Leistungen nicht um eine ärztliche Heilbehandlung handelt. Eine ärztliche Heilbehandlung i. S. des § 4 Nr. 14 Buchst. a UStG kann aber dann vorliegen, wenn es dem Arzt obliegt, die herzkranken Teilnehmer einer Sportveranstaltung und deren Blutwerte und Vitalwerte permanent medizinisch zu überwachen (FG Köln 3.7.17, 9 K 1147/16, Rev. BFH V R 37/17).

Im Streitfall wurde ein approbierter Arzt von verschiedenen Veranstaltern zur Betreuung ihrer Veranstaltungen gebucht, wodurch diese ggf. ordnungsrechtliche Auflagen erfüllten. Vertragspartner war jeweils der Veranstalter. Der Arzt wurde stundenweise vergütet und seine Aufgabe war es, im Notfall einzugreifen.

Bei Einnahmen-Überschussrechnung muss keine lückenlos fortlaufende Rechnungsnummer vergeben werden

Weder aus der Gesetzgebung noch aus der Rechtsprechung lässt sich die Pflicht für den Steuerpflichtigen ableiten, Ausgangsrechnungen für die Einnahmen-Überschussrechnung mit einer lückenlos fortlaufenden Rechnungsnummer versehen zu müssen (FG Köln 7.12.17, 15 K 1122/16).

Für die Ermittlung beim Zugewinnausgleich ist ein Zwischenabschluss nicht zwingend erforderlich

Der Bewertung einer freiberuflichen Praxis zum Stichtag kann beim Zugewinnausgleich regelmäßig der Zeitraum der letzten drei bis fünf Jahre zugrunde gelegt werden. Eine Zwischenbilanz zum Stichtag ist grundsätzlich nicht erforderlich (BGH 22.11.17, XII ZB 230/17, Beschluss, ebenso schon BGH 8.11.17, XII ZR 108/16).

Befreiung für die Abgabe von Faktorpräparaten zur Heimselbstbehandlung durch ein Universitätsklinikum

Die Abgabe von Medikamenten zur Blutgerinnung (sog. Faktorpräparate) an Hämophiliepatienten ist auch dann dem Zweckbetrieb Krankenhaus (§ 67 AO) zuzuordnen, wenn sich der Patient selbst das Medikament im Rahmen einer ärztlich kontrollierten Heimselbstbehandlung verabreicht (BFH 18.10.17. V R 46/16).

4. Quartal 2017

Umsatzsteuerbefreiung der Angebote zur Unterstützung im Alltag

Das BMF (8.12.17, III C 3 – S 7172/09/10003) passt den Umsatzsteuer-Anwendungserlass (UStAE) an. Es vollzieht damit eine seit 1.1.17 gültige Änderung des Umsatzsteuergesetzes nach, die jedoch lediglich redaktioneller Natur war und keine materiell-rechtlichen Auswirkungen hatte. Betroffen sind die Angebote zur Unterstützung im Alltag nach § 45a SGB XI (vormals: niedrigschwellige Betreuungs- und Entlastungsangebote“ bzw. „zusätzliche Betreuungs- und Entlastungsleistungen nach § 45b SGB XI).

Finanzverwaltung vollzieht die Gleichstellung ärztlicher und nicht-ärztlicher Dialyseleistungen nach und ändert den UStAE

Einrichtungen, die nicht bereits nach § 95 SGB V als Dialysezentren zugelassen sind, mit denen aber Verträge nach § 127 i. V. mit § 126 Abs. 3 SGB V über die Erbringung nicht-ärztlicher Dialyseleistungen bestehen, sind mit Dialyseleistungen nach § 4 Nr. 14 Buchst. b S. 2 Doppelbuchst. hh UStG von der Umsatzsteuer befreit (BMF 7.12.17, III C 3 – S 7170/11/10008).

Sind notärztliche Betreuungsleistungen auf Veranstaltungen umsatzsteuerbefreit?

Die Anwesenheit eines Arztes bei einer Veranstaltung, die diesem vom Veranstalter pauschal stundenweise vergütet wird, ist nach Auffassung des FG Köln nicht gemäß § 4 Nr. 14 Buchst. a UStG umsatzsteuerfrei, da es sich bei solchen Leistungen nicht um eine ärztliche Heilbehandlung handelt. Eine ärztliche Heilbehandlung i.S. des § 4 Nr. 14 Buchst. a UStG kann aber dann vorliegen, wenn es dem Arzt obliegt, die herzkranken Teilnehmer einer Sportveranstaltung und deren Blutwerte und Vitalwerte permanent medizinisch zu überwachen (FG Köln 3.7.17, 9 K 1147/16, Rev. BFH V R 37/17).

Die Kleinunternehmer-Regelung als Rettungsring für Heilberufler

Niedergelassene Ärzte und Zahnärzte sowie deren Berater sind oft mit der Frage konfrontiert, ob die erbrachten (zahn)ärztlichen Leistungen umsatzsteuerfrei oder umsatzsteuerpflichtig sind. Zwar sind die Leistungen von Heilbehandlern in der Regel umsatzsteuerbefreit. Doch kann bei einer Reihe von Leistungen trotzdem Umsatzsteuer anfallen. In diesen Fällen dient die Kleinunternehmer-Regelung oft als Ausweg. Dieser Beitrag gibt einen Überblick über die Problemfälle und den Rettungsring Kleinunternehmer-Regelung. Wer sich mit einem Aspekt näher befassen muss, erhält in den weiterführenden Hinweisen Verweise auf vertiefende Beiträge.

Welcher Umsatzsteuersatz gilt für Leistungen einer Krankenhauscafeteria, wenn Krankenhausmobiliar mitgenutzt wird?

Die Bereitstellung von Mobiliar ist bei der Prüfung des anzuwendenden Steuersatzes nicht als Dienstleistungselement zu berücksichtigen, wenn es nicht ausschließlich dazu bestimmt ist, den Verzehr von Lebensmitteln zu erleichtern, sondern möblierte Bereiche zugleich z.B. auch als Warteraum und Treffpunkt dienen (BFH 3.8.17, V R 61/16).

Beschäftigung von nicht angestellten Ärzten im Krankenhaus

Die Beschäftigung von Honorarärzten in Krankenhäusern scheitert zunehmend daran, dass Honorarärzte qua Einbindung in den Stationsbetrieb als sozialversicherungspflichtig gelten. Dennoch sind Krankenhäuser auf freie ärztliche Mitarbeit angewiesen. Welche Gestaltungsmöglichkeiten bleiben also nach dem Ende des Honorararztes als freiem Mitarbeiter? Der Autor schlägt vor, eine ärztliche Dienstleistungs-GmbH zu gründen, die sich gegenüber dem Krankenhausträger verpflichtet, in dem im Kooperations- oder Dienstleistungsvertrag definierten Umfang ärztliche Dienstleistungen zu erbringen.

Umsatzsteuerfreiheit von Pflege- und Eingliederungsleistungen

Ist eine Privatpersonen gegen Entgelt für einen Verein tätig, der seinerseits Leistungen im sozialen Bereich erbringt, stellt sich die Frage, ob die Leistungen der jeweiligen Personen umsatzsteuerfrei sind, da sie regelmäßig keine unmittelbaren Verträge mit den Sozialträgern abgeschlossen haben. Die Antwort ist nicht einfach, wie zwei BFH-Urteile aus der jüngsten Vergangenheit belegen.

Ausnutzung der Kleinunternehmerregelung kann Gestaltungsmissbrauch sein

Eine Steuerberatungsgesellschaft hatte eine bemerkenswerte Idee, um die Kosten der Buchhaltungsleistung für ihre Mandanten mit steuerfreien Umsätzen zu senken. Das FG Berlin-Brandenburg (21.6.17, 7 K 7096/15) hat die Gestaltung allerdings verworfen.

Verkehrstherapeutische Leistungen sind umsatzsteuerpflichtig

Verkehrstherapeutische Leistungen zur Wiedererlangung der Fahrerlaubnis sind keine umsatzsteuerfreien Heilbehandlungen (FG Münster 12.9.17, 15 K 3562/14 U).

Sind Prämien für Ärzte eines Versorgungsnetzes von der Umsatzsteuer befreit?

Ärzte beteiligen sich zunehmend an Netzwerken zur integrierten Versorgung. Im Netz sollen die Patienten besser und kosteneffizienter betreut werden. Am Netzerfolg werden die Ärzte durch die Krankenkassen finanziell beteiligt, das heißt, sie erhalten im Erfolgsfall über das Netzwerk einen Bonus bzw. eine Prämie. Das FG Düsseldorf hat nun entschieden, dass bei Teilnahme an einer integrierten Versorgung i.S. des § 140c SGB V a.F. von der Krankenkasse gezahlten variablen Prämien nach § 4 Nr. 14 UStG steuerbefreit sind. Das Urteil hat weitreichende Bedeutung (FG Düsseldorf 6.4.17, 5 K 3168/14 U, nrkr.).

3. Quartal 2017

Außenprüfung bei Heilberuflern

Die EDV des Arztes als Prüfungsschwerpunkt

Durch die Einführung des Datenzugriffs der Finanzverwaltung auf die Buchführungssysteme wurde u.a. auch der Datenzugriff auf die vorgelagerten Systeme zulässig (§ 147 Abs. 6 AO). Damit hat die Außenprüfung einen zusätzlichen Schwerpunkt erhalten. Der Beitrag beschreibt das Vorgehen des Prüfers und geht vor allem auf die Kollision mit der Verschwiegenheitspflicht des zu prüfenden Heilberuflers ein.

Umsatzsteuerbefreiung für Behandlungsleistungen in Krankenhäusern

§ 4 Nr. 14 Buchst. b UStG befreit Krankenhausbehandlungen und ärztliche Heilbehandlungen sowie damit eng verbundene Umsätze von der Umsatzsteuer. Die Vorschrift beruht auf EU-Recht, dessen Umsetzung in nationales Recht missglückt ist, weswegen es sinnvoll ist, die EU-Norm ebenfalls zu prüfen. Die Finanzverwaltung hat in zwei Dokumenten (OFD Niedersachsen 9.2.17, S 7170 – 165 – St 182; BMF 6.10.16, III C 3 – S 7170/10/10004, BStBl I 16, 1076) dargelegt, wie sie damit umgehen will. Der Beitrag stellt das Problem dar und zeigt die Lösung der Finanzverwaltung.

Mit den neuen Realteilungsgrundsätzen gestalten

In zwei aktuellen Urteilen hat der BFH zur Buchwertfortführung bei einer Realteilung Stellung genommen und die Gestaltungen als gewinnneutral eingestuft. Zum einen betraf es das Ausscheiden eines Mitunternehmers aus einer (danach) fortbestehenden Gesellschaft, im anderen Fall ging es um die Auflösung der Gesellschaft mit anschließender Verteilung der Wirtschaftsgüter unter den Gesellschaftern. Gesellschafter können künftig weitergehend als bisher aus ihren Personengesellschaften gewinnneutral und damit ohne Aufdeckung stiller Reserven ausscheiden.

Ein in den Klinikbetrieb eingebundener Anästhesist ist abhängig beschäftigt und sozialversicherungspflichtig

Ein im OP-Bereich einer Klinik tätiger Facharzt für Anästhesiologie ist regelmäßig als abhängig und damit sozialversicherungspflichtig beschäftigt anzusehen (LSG Hessen 22.8.17, L 1 KR 394/15).

Provisionen für eine Kurberaterin für die Vermittlung von Mutter/Vater-Kind-Kuren sind umsatzsteuerpflichtig

Die Umsätze einer Kurberaterin sind nicht umsatzsteuerfrei gemäß § 4 Nr. 14 Buchst a UStG (FG Münster 4.7.17, 5 K 1188/15 U).

Auf dem Papier ein Honorararzt – praktisch jedoch angestellt

Ein „Honorararzt“, der in den Betriebsräumen mit den Betriebsmitteln des Krankenhauses auf der Grundlage der Diensteinteilung einschließlich der Dienstpläne arbeitet, ebenso wie die angestellten Anästhesisten, die diesen obliegenden Aufgaben wie Voruntersuchungen, Prämedikationen und postoperative Visiten auf der Station verrichtet und dabei auf die vom Krankenhaus jeweils bereitgestellte Patientendokumentation zurückgreift, ist abhängig beschäftigt (LSG Nordrhein-Westfalen 8.2.17, L 8 R 850/14)

Keine Beteiligung an Laboreinnahmen für einsendende Klinikdirektoren

Chefärzte bzw. Klinikdirektoren eines Universitätsklinikums haben keinen Anspruch auf einen Teil der Gewinne des Zentrallabors für die von ihnen veranlassten Laborleistungen. Eine solche Beteiligung verstoße gegen § 31 der (Muster-)Berufsordnung (VG Düsseldorf 26.6.17, 15 K 3450/15). Gleichwohl spricht einiges dafür, dass diese Entscheidung nicht rechtskräftig wird.

Zu Unrecht ausgewiesene Umsatzsteuer (§14c UStG) wird nicht in jedem Fall geschuldet

Wer in Rechnungen die Umsatzsteuer unberechtigt oder überhöht ausweist, schuldet sie (§ 14c UStG). Hier hilft nur die (nicht zurückwirkende) Rechnungsberichtigung (BFH 19.5.15, V B 133/14). Das trifft grundsätzlich auch auf eine Gutschrift zu. Was aber, wenn unklar ist, wer leistender Unternehmer ist? Wenn z.B. fälschlicherweise eine Einzelperson statt einer Gemeinschaft im Adressfeld genannt ist. Schuldet dann auch die Einzelperson die Umsatzsteuer? Der BFH (16.3.17, V R 27/16) meint nein und hält hier eine „Umdeutung“ falscher Rechnungsangaben anhand ergänzender Dokumente (z. B. Verträge) für möglich.

USt-Voranmeldungen als wiederkehrende Ausgaben

Regelmäßig wiederkehrende Ausgaben, die kurze Zeit vor Beginn oder kurze Zeit nach Beendigung des Kalenderjahres, zu dem sie wirtschaftlich gehören, abgeflossen sind, gelten als in diesem Kalenderjahr geleistet (vgl. § 11 Abs. 1 S. 2 i. V. mit Abs. 2 S. 2 EStG). Als kurze Zeit i. S. von § 11 EStG ist ein Zeitraum bis zu 10 Tagen anzusehen. Der Beitrag geht auf wichtige Sonderfälle in der aktuellen Kurzinfo ESt 9/2014 der OFD Nordrhein-Westfalen vom 2.5.17 ein.

Umsatzsteuerfreiheit der Tätigkeit einer MDK-Gutachterin

Sonstige Leistungen einer MDK-Gutachterin sind ab November 2012 nach Art. 132 Abs. 1 Buchst. g MwSystRL steuerfrei (FG Niedersachsen 9.6.16, 11 K 15/16).

Variable Prämien im Rahmen einer integrierten Versorgung sind umsatzsteuerfrei

Variable Prämien, die die Krankenkasse an Ärzte im Rahmen der integrierten Versorgung i. S. von § 140c SGB V a.F. zahlt, unterliegen nicht der Umsatzsteuer (FG Münster 6.4.17, 5 K 3168/14 U).

Nach außen eine Praxisgemeinschaft, nach innnen eine Gemeinschaftspraxis

Steht ohne Zweifel (z. B. bei Vorliegen eines Gemeinschaftspraxisvertrags) fest, dass Vertragsärzte in Gemeinschaftspraxis gearbeitet und nur nach außen das Bild einer Praxisgemeinschaft erweckt haben, sind die sie betreffenden Honorarbescheide auch zu berichtigen, ohne dass ein bestimmter Mindestanteil von Patienten vorliegt, die von beiden Ärzten behandelt worden sind (LSG Niedersachsen-Bremen 25.1.17, L 3 KA 16/14).

Umsätze aus der Kryokonservierung von Eizellen oder Spermien sind umsatzsteuerbefreit

Die weitere Lagerung von im Rahmen einer Fruchtbarkeitsbehandlung eingefrorenen Eizellen durch einen Arzt gegen ein vom Patienten gezahltes Entgelt ist umsatzsteuerfrei, wenn damit ein therapeutischer Zweck verfolgt wird, z. B. zur Herbeiführung einer weiteren Schwangerschaft bei einer andauernden organisch bedingten Sterilität.

Auf die ausdrückliche Äußerung eines entsprechenden (weiteren) Kinderwunsches kommt es nicht an. Die Lagerung von Eizellen oder Spermien ohne medizinischen Anlass (sog. SocialFreezing) fällt nicht unter die Steuerbefreiung (BMF 10.7.17, III C 3 – S 7170/09/10002 (2017/0573139).

2. Quartal 2017

Fahrtkostenpauschale bei Belegarzttätigkeit und Praxis

Ein Arzt, der sowohl in einer Gemeinschaftspraxis als auch für ein Klinikum arbeitet, wobei Praxis und Klinikum auf demselben Gelände liegen, kann für beides nur die Entfernungspauschale geltend machen (BFH 17.1.17, VIII R 33/14).

Sozialversicherungspflicht eines niedergelassenen Honorararztes, der im Krankenhaus eigene Patienten operiert

Ein niedergelassener Honorararzt ist nicht einem Belegarzt vergleichbar, wenn letztlich das Krankenhaus die Gesamtverantwortung gegenüber den Patienten des niedergelassenen Honorararztes trägt. Denn in solch einem Fall bedient sich der Honorararzt nicht lediglich der räumlichen und personellen Infrastruktur des Krankenhauses wie ein Belegarzt (LSG Berlin-Brandenburg 17.5.17, L 1 KR 118/16).

Welche Umsatzgrenze gilt laut Kleinunternehmerregelung im Gründungsjahr, wenn Umsätze erst im Folgejahr anfallen?

Wurde das Unternehmen im Vorjahr gegründet und fielen Umsätze erst im darauf folgenden Jahr an, gilt die 17.500-EUR-Grenze für das Vorjahr und die 50.000-EUR-Grenze für das darauf folgende Jahr. Für die Anwendung der Kleinunternehmerregelung im Vorjahr reichen Vorbereitungshandlungen; tatsächliche Umsätze sind nicht nötig (FG Thüringen 11.1.17, 3 K 758/15).

Berechnung des maßgeblichen Umsatzes für die Kleinunternehmerregelung

Nach § 19 UStG gelten für den Kleinunternehmer Umsatzgrenzen für den Umsatz des Vorjahres (17.500 EUR) und für den voraussichtlichen Umsatz des Vorjahrs (50.000 EUR). Allerdings ist nicht jede Art von Umsatz für das Erreichen der Grenzen maßgeblich. Das eröffnet Gestaltungsspielräume.

Fehlende Programmierprotokolle und Manipulationsmöglichkeit eines Kassensystems führen zu Hinzuschätzungen

Ein Kassensystem ist auch dann manipulierbar, wenn dieses nicht durch den Benutzer selbst, sondern nur mit hohem Aufwand und Hilfe eines IT-Spezialisten möglich ist (FG Münster 29.03.17 7 K 3675/13 E, G, U).

Umsatzsteuerliche Behandlung der Lieferung von Blutplasma

Die Steuerbefreiung für die Lieferung von menschlichem Blut umfasst nicht die Lieferung von aus menschlichem Blut gewonnenem Blutplasma, wenn dieses Blutplasma nicht unmittelbar für therapeutische Zwecke, sondern ausschließlich zur Herstellung von Arzneimitteln bestimmt ist (BMF 9.5.17, III C 3 – S 7173/14/10001).

BMF ändert den Umsatzsteuererlass für Meldungen zur klinischen Krebsregistrierung

Meldungen eines Arztes zur reinen Dokumentation von Patientendaten und ohne Auswirkungen auf die Heilbehandlung eines bestimmten Patienten haben, sind keine Heilbehandlungsleistungen. Steuerfrei sind dagegen Meldungen, z. B. zur klinischen Krebsregistrierung nach § 65c Abs. 6 SGB V, bei denen nach der Auswertung der übermittelten Daten eine patientenindividuelle Rückmeldung an den Arzt erfolgt und hierdurch weitere im Einzelfall erforderliche Behandlungsmaßnahmen getroffen werden können (BMF 8.5.17, Z III C 3 – S 7170/15/10004)

Steuerfreiheit von Leistungen einer selbstständigen Betreuerin (Subunternehmerin) für einen gemeinnützigen Verein

Für die Anerkennung einer Steuerpflichtigen als Einrichtung mit sozialem Charakter nach § 75 Abs. 1 SGB XII genügt die Möglichkeit, selbst Verträge über Betreuungsleistungen mit Leistungsträgern abzuschließen zu können. Der Anerkennung steht nicht entgegen, dass der Leistende tatsächlich nicht selbst die Kosten mit den Sozialleistungsträgern abgerechnet hat, sondern als Subunternehmer der Abrechnenden tätig geworden ist (FG Niedersachsen 15.6.16, 5 K 86/15, Rev. BFH V R 39/16).

Umsatzsteuerfreie Schul- und Hochschulunterrichtsleistungen durch Privatlehrer

Leistungen eines Privatlehrers i. S. des Art. 132 Abs. 1 Buchst. j MwStSystRL liegen nicht vor, wenn der Unternehmer die Unterrichtsleistungen ausschließlich im Rahmen der von seinen Auftraggebern angebotenen Lehrveranstaltungen erbracht hat (FG Niedersachsen 14.12.16, 5 K 35/15).

Eine Radiologin, die die Urlaubsvertretung in einer Gemeinschaftspraxis übernimmt, kann selbstständig tätig sein

Für die Frage, ob ein Arzt in der Arztpraxis eines Dritten aufgrund eines Arbeits- oder Dienstverhältnisses beschäftigt ist, kommt es maßgebend darauf an, ob der Arzt nach dem Gesamtbild seiner Tätigkeit in einem persönlichen und wirtschaftlichen Abhängigkeitsverhältnis zum Praxisinhaber steht (LSG Baden-Württemberg 21.2.17, L 11 R 2433/16).

Pauschale Vergütung für Bereitschaftsdienst ist nicht steuerfrei

Wird für Bereitschaftsdienste eine pauschale Zusatzvergütung gezahlt, gilt diese als Grundlohn, welcher nicht nach § 3b Abs. 1 EStG steuerfrei ist (BFH 29.11.16, VI R 61/14).

Steuerfreiheit von eng mit der Sozialfürsorge verbundenen Leistungen

Ist ein Leistender als Einrichtung mit sozialem Charakter anerkannt und sind seine Leistungen eng mit der Sozialfürsorge und der sozialen Sicherheit verbunden, sind diese nach Art. 13 Teil A Abs. 1 Buchst. g MwStSystRL steuerfrei (BFH 7.12.16, XI R 5/15).

Gewinngrenze nach § 7g EStG ist verfassungsgemäß

Die Gewinngrenze von 100.000 EUR für Investitionsabzugsbeträge bei Ermittlung des Gewinns nach § 4 Abs. 3 EStG steht in einem angemessenen Verhältnis zum Größenmerkmal des Betriebsvermögens von Gewinnermittlern nach § 4 Abs. 1 oder § 5 EStG (FG Schleswig-Holstein 14.12.16, 4 K 37/16, NZB BFH VIII B 18/17).

Wirtschaftlichkeitsprüfungen müssen einzelfallbezogen und nicht bloß statisch erfolgen

Die Zufälligkeitsprüfung i. S. des § 106 Abs. 2 S. 2 Nr. 2 SGB V ist vorrangig bei der Einzelfallprüfung durchzuführen. Von dieser Vorgabe durften die Vertragspartner auch nicht durch Regelungen in der Prüfvereinbarung abweichen. Eine statische Durchschnittsprüfung darf von den Prüfgremien nur dann durchgeführt werden, wenn eine Einzelfallprüfung nicht aussagekräftig oder nicht durchführbar ist (SG Hannover 19.10.16, S 78 KA 191/15).

Die Zulassung kann bereits während des Strafverfahrens entzogen werden

Ein zwingender Zusammenhang zwischen strafrechtlichem Ermittlungsverfahren und Zulassungsentziehung besteht weder i. S. einer Vorgreiflichkeit noch i. S. einer rechtlichen Bedeutung. Dies gilt auch für den Ausgang eines Strafverfahrens, bei dem gerade Schuldgesichtspunkte bedeutsam sind. Im Zulassungsentziehungsverfahren kommt es nur auf eine objektive Pflichtverletzung, nicht aber auf ein Verschulden an (SG Marburg 7.9.16, S 12 KA 179/16).

Kein Abrechnungsbetrug bei der Delegation von Speziallaborleistungen in Laborgemeinschaften

Eine abrechenbare „eigene“ Speziallaborleistung setzt nach § 4 Abs. 2 S. 1 GOÄ angesichts der unklaren Konturierung des Begriffs der ärztlichen Aufsichtswahrnehmung in der Norm nicht voraus, dass der Arzt während des gesamten vollautomatisierten Analysevorgangs persönlich zugegen ist. Erforderlich ist aber zumindest, dass der anweisende Arzt die erforderliche medizinische Validation des Untersuchungsergebnisses persönlich durchführt, so das OLG Düsseldorf ( 20.1.17, III-1 Ws 482/15, Beschluss).

Gewerbesteuer – Keine Gewerbesteuerbefreiung für ambulante Dialysezentren

Krankenhäuser, ambulante Pflege oder ambulante oder stationäre Rehabilitation können grds. Gewerbesteuerfrei sein nach § 3 Nr. 20 GewStG. Ambulante Dialysezentren jedoch nicht, da diese nicht zu den begünstigten Einrichtungen gehören laut Gewerbesteuergesetz gehören. Dies entschied der BFH am 25.1.17. Begründet wurde das Urteil damit, dass der sozialrechtliche Begriff „Krankenhaus“ nicht erfüllt und auch keine Gleichstellung angenommen werden kann. Auch eine Einrichtung für die Aufnahme von Pflegebedürftigen Personen liegt nicht vor. Ein Pflegedienst liegt ebenfalls nicht vor. Somit ist Gewerbesteuerbefreiung nach § 3 Nr. 20 GewStG nicht anwendbar.

Offengelassen wurde vom BFH die Frage, ob ambulante Dialysezentren als Einrichtungen zur ambulanten oder stationären Rehabilitation anzusehen sind. Dieser Befreiungstatbestand (ab 2015) war für den Streitfall zeitlich (noch) nicht anwendbar.

Scheinselbstständigkeit – Eine Urlaubsvertretung in einer Gemeinschaftspraxis kann selbstständig tätig sein

Dies entschied das LSG Baden-Württemberg 21.2.17. Es ging im dem Fall um eine Radiologin, die in der Gesamtbetrachtung ihrer Tätigkeit in keinem persönlichen und wirtschaftlich abhängigen Verhältnis stand. Eine Arbeitsverhältnis konnte somit in diesem Fall verneint werden. Eine Scheinselbständigkeit wurde ausgeschlossen. Entscheidend war, dass die Ärztin ihre Tätigkeit typischerweise weisungsfrei ausgeübt hat und nicht in die Organisation des Betriebes eingegliedert war. Die Einordnung in den Betriebsablauf war nicht Vergleichbar mit derer eines Angestellten. Zudem war die Selbstständige Tätigkeit der Radiologin der Wille beider Vertragsparteien, der entsprechend ausgeübt wurde.

Lohnsteuer – Keine Steuerbefreiung für eine pauschale Vergütung für den Bereitschaftsdienst

Eine pauschale Zusatzvergütung im Rahmen eines Bereitschaftsdienstes eines Assistenzarztes gilt als Grundlohn. Dieser ist nicht nach §3b (1) EStG steuerfrei. Dies entschied der BFH am 29.11.16.

Auch eine spätere Herausrechnung der begünstigten Stunden (steuerfreie Wochenendzuschläge z.B.) aus der Pauschale ändern dies nicht. Im Rahmen einer Außenprüfung wird Lohnsteuer nachberechnet. Zuschläge für Sonntags-, Feiertags- oder Nachtarbeit sind nur nach § 3b EStG steuerfrei, wenn diese zusätzlich zum Grundlohn/Pauschale gezahlt werden. Zudem müssen diese Stunden im Rahmen der Erstellung der Lohnabrechnung berechnet werden und einzeln aufgezeichnet werden.

Umsatzsteuer – Umsatzsteuerpflicht für Leistungen einer Bürogemeinschaft an ihre Gesellschafter

Schließen sich Gesellschafter zu einer GbR zusammen und erbringt diese GbR Bürodienstleistungen für die von der Umsatzsteuer befreite selbstständige Tätigkeit ihrer Gesellschafter, unterliegen diese Leistungen der Umsatzsteuer nach Urteil des FG Münster, 12.1.17. In dem Urteil ging es um drei selbständige Berufbetreuern. Gegenstand der GbR war insbesondere die Anmietung von Räumlichkeiten, deren Ausstattung und die Beschäftigung von Arbeitnehmern. Die Kosten wurden je nach Umsatz des jeweiligen Berufsbetreuers geteilt. Bei Heilberuflern sollte deshalb regelmäßig eine Überprüfung und Anpassung der Verträge und Durchführung solch ähnlicher Bürogemeinschaften erfolgen, damit die Versagung der Umsatzsteuerfreiheit bei einer Betriebsprüfung nicht riskiert wird.

1. Quartal 2017

Das Delegieren von Speziallaborleistungen in Laborgemeinschaften ist kein Abrechnungsbetrug!

Nach § 4 Abs. 2 S.1 GOÄ setzt eine abrechenbare „eigene“ Speziallaborleistung in der Norm nicht voraus, dass der Arzt während des gesamten vollautomatisierten Vorgangs der Analyse persönlich zugegen ist. Der Begriff der Die ärztlichen Aufsichtswahrnehmung ist dadurch nicht verletzt. Der abrechnende Arzt muss allerdings die erforderliche medizinische Validation des Ergebnisses der Untersuchung persönlich durchführen. (OLG Düsseldorf, 20.1.17)

Gefahr der Scheinselbstständigkeit bei der Tätigkeit als Honorararzt!

Das SG Kassel entschied am 11.01.2017, dass ein Narkosearzt der in einer Klinik als Honorararzt aushilfsweise auf Stundenbasis arbeitet ist als Arbeitnehmer anzusehen und übt keine selbständige Tätigkeit aus. Da der Narkosearzt kurzfristig bei Engpässen in der Klinik half und in den Operationsbetrieb eingebunden war, ist seine Vergütung nicht erfolgsbezogen. Zudem setzte er auch kein eigenes Kapital für seine Tätigkeit ein. Somit hatte er kein wirtschaftliches Risiko. Er ist lohn- und sozialversicherungsrechtlich einem Arbeitnehmer gleichzustellen.

Darf die KZV in wirklich jedem Fall eigene Ansprüche mit dem Honoraranspruch des Zahnarztes verrechnen?

Nein! Dies beschäftigte nämlich das LSG Niedersachsen-Bremen und kam zu dem Schluss, dass die KZV nicht ihren Honorarrückforderungsanspruch aus Wirtschaftlichkeitsprüfungen gegen den Anspruch aus Gerichtskostenerstattung des Zahnarztes aufrechnen darf (LSG Niedersachsen-Bremen vom 9.1.17).

Bewertungsportale

Ein Arzt muss die Aufnahme in ein Bewertungsportal und auch pointiert formulierte Kritik ertragen. Das Recht des Portalbetreibers auf Kommunikation wiegt schwerer als das Recht des Arztes auf informationelle Selbstbestimmung. Die Veröffentlichung der Daten muss aber die berufliche Tätigkeit betreffen (und nicht die Privat- oder Intimsphäre). Negative Bewertungen dürfen weder schmähend noch stigmatisierend oder anprangernd wirken. Auch muss sich der Betroffene gegen einzelne negative Bewertungen wehren können, z.B. über eine Gegendarstellung oder einen Einspruch. Unter diesen Voraussetzungen sind auch anonyme Meinungsäußerungen von der Meinungsäußerungsfreiheit geschützt (OLG Köln 5.1.17, I-15 U 121/16).

Der BFH entschied mit Urteil vom 15.12.16, dass

Eheleute die Pauschale von 1.250 EUR für das häusliche Arbeitszimmer in Ihrer Einkommensteuererklärung zweimal ansetzen dürfen! Nutzen beide Ehegatten das häusliche Arbeitszimmers, kann jeder Ehegatte die Pauschale von 1.250 € jeweils geltend machen. Somit wurde die Rechtsprechung zu § 4 Abs. 5 S. 1 Nr. 6b S. 2 EStG zugunsten unserer Mandanten abgeändert

Einkommensteuer – Steuerfreie Beitragsrückerstattung aus einem Versorgungswerk möglich

Endet eine Mitgliedschaft in einem Altersversorgungswerk nach einer Mitgliedschaft von unter 60 Monaten und erfolgt deshalb eine Beitragsrückerstattung, ist diese nach § 3 Nr. 3c EStG steuerfrei (FG Rheinland-Pfalz 13.12.16, 3 K 1266/15).

Wirtschaftlichkeitsprüfung

Praxisbesonderheiten müssen bereits im Widerspruchsverfahren substantiiert dargelegt werden und nicht erst im Klageverfahren. Zwar gilt der Amtsermittlungsgrundsatz, Praxisbesonderheiten aber muss der vortragende Arzt belegen. Der bloße Hinweis darauf reicht nicht. Dabei müssen alle bedeutsamen Umstände des Praxisbetriebs und die Zusammensetzung der Patientenschaft umfassend vorgetragen und verifiziert werden (SG München 9.11.16, S 38 KA 5170/15).

Umsatzsteuer – Auswirkung der fehlenden Angabe des Leistungszeitpunkts auf den Vorsteuerabzug: Die Angabe des genauen Leistungszeitpunkts auf der Rechnung ist dann entbehrlich und das Fehlen für den Vorsteuerabzug unschädlich, wenn feststeht, dass das Leistungsdatum dem Rechnungsdatum entspricht (FG Berlin-Brandenburg 24.11.15, 5 K 5187/15, Rev. BFH V R 44/16, Nachricht vom 27.12.16).

Scheinselbstständigkeit – Beitragspflicht eines Krankenhauses für dort tätige Honorarärzte: Indizien dafür, dass ein Honorararzt in die Organisation des Krankenhauses eingebunden ist, liegen vor, wenn ihm die Patienten zugeteilt werden, die Verwaltung die Zeiteinteilung bzw. den Dienst-/Einsatzplan vorgibt, er – wenngleich auf freiwilliger Basis – Rufbereitschaft übernimmt, Verordnungen und gutachterliche Entlassungsbriefe/Aufnahmeuntersuchungen etc. kontrolliert werden, es einen genauen Zeitplan gibt, wann welche ärztlichen Tätigkeiten ausgeführt werden müssen, und er die gleichen Arbeiten wie die fest angestellten Mitarbeiter verrichtet (LSG Schleswig- Holstein 22.11.16, L 5 KR 176/16 B ER, Beschluss, Nachricht vom 27.12.16).

Archiv

Ist die Gewinngrenze für die Anwendung des § 7g EStG noch verfassungsgemäß?

Das Finanzgericht Schleswig-Holstein entschied, dass die Gewinngrenze von 100.000 € (relevant für die Sonderabschreibung und Bildung eines Investitionsabzugsbetrages) bei Ermittlung des Gewinns nach § 4 (3) EStG (Einnahmenüberschussrechner) in einem angemessenen Verhältnis zum Größenmerkmal des Betriebsvermögens von Bilanzierern nach § 4 Abs. 1 oder § 5 EStG steht (4K37/16, NZB BFH VIII B18/17).

Die Prüfung einer Betriebsvermögensgrenze bleibt bei § 4 (3) EStG grds. aber außen vor.

Eine gleiche Leistungsfähigkeit soll auch gleich besteuert werden. Deshalb gilt die Gewinngrenze für Einnahmenüberschussrechner genauso wie für Bilanzierer. Die Grenze von 100.000 € soll kleine und mittlere Betriebe fördern. Schon ab Überschreitung der Grenze von 0,01 € wird die Subvention nach 7g EStG (Sonderabschreibung und Bildung eines Investitionsabzugsbetrages) vollständig durch den Gesetzgeber versagt.

Steuerliche Gestaltung: wenn bei einem Einnahmenüberschussrechner nur die Gewinngrenze, aber nicht die Betriebsvermögensgrenze überschritten wird, kann freiwillig zur Bilanzierung gewechselt werden. Die Subvention des 7g EStG kann dann in Anspruch genommen werden.

Aufzeichnungspflichten bei Einnahmen-Überschussrechnung?

Es ist tatsächlich so, dass Selbstständige Einnahmen und Ausgaben aufzeichnen müssen. Dies zwar nicht für unbedingt für handelsrechtliche Zwecke, aber für steuerliche Zwecke. Geschäftsvorfälle sind ordnungsgemäß aufzuzeichnen.

Unzureichende Aufzeichnungen dürfen ggf. von der Finanzverwaltung verworfen werden und Hinzuschätzungen vorgenommen werden. Dies hat auch das Finanzgericht Hamburg am 01.08.2016 entschieden.

Es gelten die Grundsätze zur ordnungsmäßigen Führung und Aufbewahrung von Büchern, Aufzeichnungen und Unterlagen in elektronischer Form sowie zum Datenzugriff (GoBD). Zum Anwendungsumfang hat das BMF (14.11.14, IV A 4 – S 0316/13/10003) umfangreich Stellung genommen. Auch für Einnahmenüberschussrechner gilt, dass Geschäftsvorfälle müssen zeitnah, fortlaufend, vollständig, richtig und unveränderbar aufgezeichnet werden sollen.

Die alleinige Aufstellung einer Excel-Liste ist entspricht nicht den Grundsätzen einer ordnungsgemäßen Buchführung. Die Einzelaufzeichnungen müssen grundsätzlich unveränderbar sein.

Steuerbefreiung nach § 4 Nr. 14 UStG eines Heilpraktikers

Die Tätigkeit eines Heilpraktikers ist nur dann nach § 4 Nr. 14 UStG steuerbefreit, wenn dieser gemäß § 1 Heilpraktikergesetz zugelassen ist (FG Schleswig-Holstein 21.11.16, 4K153/13).

Die Umsatzsteuerbefreiung des Heilpraktikers setzt die Tätigkeiten voraus, die nach § 1 Heilpraktikergesetz zugelassen sind. Dies entschied das Finanzgericht Schleswig-Holstein 21.11.16, 4K153/13.

Der Qualifizierte Leistungserbringer (hier Heilpraktiker) muss auch die seinem Berufsbild entsprechende Leistung erbringen. Handauflegen als Heilmethode gehörte, wie im Urteil erwähnt, nicht dazu.

Ist das Sterbegeld aus einem Versorgungswerk steuerpflichtig?

Ja! Der BFH entschied am 23.11.16 (AZ X R 13/14), dass das Sterbegeld aus einem berufsständischen Versorgungswerk mit dem Ertragsanteil versteuert werden muss. Das Sterbegeld hat keine Verbindung zu den Beerdigungskosten und stellt keine Zusammenballung von Einkünften dar.

Patientenbegleitprogramme und telefonische Beratungsleistungen unterliegen nicht der Umsatzsteuerbefreiung nach § 4 Nr. 14 UStG

Telefonische Beratungen (Stichwort „Gesundheitstelefon“) und Patientenbegleitprogramme, die ein Dienstleister im Gesundheitswesen für Krankenkassen und Pharmaunternehmen mit medizinisch ausgebildeten Fachpersonal erbringt, sind nicht umsatzsteuerbefreit. Es fehlt am persönlichen Vertrauensverhältnis zwischen Arzt und Patient und am unmittelbaren Bezug zu einer konkreten Heilbehandlung (FG Düsseldorf 14.8.15, 1 K 1570/14 U, Rev. BFH XI R 19/15).

Sozialversicherungsrecht/Vertrags(zahn)arztrecht

Abgrenzung der Tätigkeit eines Vertrags(zahn)arztes als Junior–Partner in „freier Praxis“ zur Scheinselbständigkeit: Das LSG Baden-Württemberg (23.11.16, L 5 R 1176/15) hat mit überzeugender Begründung die Tätigkeit einer „Junior–Partnerin“ in einer Zahnarztpraxis als versicherungspflichtige Beschäftigung nach § 7 Abs. 1 SGB IV bewertet. Unerheblich war, dass die gemeinsame Berufsausübung der Zahnärzte vom Zulassungsausschuss formell als Gemeinschaftspraxis genehmigt worden war. Die rechtlichen Einordnungen des Vertrags(zahn)arztrechts wie des (zahn)ärztlichen Berufsrechts sind für die sozialversicherungsrechtliche Statusbeurteilung nach § 7 Abs. 1 SGB IV nicht bindend.

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